25/10/2019

Handelsblatt Auto Gipfel 2019 - Können Autos die Umwelt retten?

Nachhaltigkeit nicht als Last, sondern als Innovationschance begreifen: Das Auto als echtes Rohstoffdepot.

Die Autoindustrie steckt in einer tiefen Krise. Laut einer aktuellen Studie des Forschungsinstituts CAR der Universität Duisburg-Essen könnte der globale Absatz neuer Autos im laufenden Jahr um gut 5 Prozent auf 79.5 Mio Stück sinken. Einen derart starken Einbruch gab es nicht einmal während der Finanzkrise 2008.

Der Motor stottert – Innovation als einzige Antwort

Dafür gibt es zahlreiche Gründe. Faktoren wie Handelsstreitigkeiten, Brexit und der stagnierende chinesische Markt spielen zwar eine Rolle. Neben der Dieselaffäre, die die Hersteller nicht nur Geld, sondern auch Vertrauen gekostet hat, sind es jedoch vor allem der Trend zur Elektromobilität sowie die Klimaschutzziele, die die Branche unter Druck setzen. Gemäß aktueller EU-Vorgabe soll der CO2-Ausstoß von Neuwagen zwischen 2021 und 2030 um 37,5 Prozent sinken. Nach heutigem Standard würden dann neun von zehn Autos nicht mehr verkauft. Investitionen in Nachhaltigkeit und Umweltschutz sind daher auch Investitionen in die eigene Wettbewerbsfähigkeit.

Nachhaltigkeit nicht als Last, sondern als Innovationschance begreifen

Wer dies tut, verändert sein Unternehmen und stellt es für die Zukunft richtig auf. Den eigenen „Purpose“ zu finden trägt nicht nur dem steigenden Umweltbewusstsein der Bevölkerung Rechnung, sondern ist die Basis für zukunftsfähige Produktentwicklung und die Identität der Mitarbeiter. Heute schon sind Unternehmen, die Nachhaltigkeit als Innovationschance begreifen, nach einer Untersuchung von Accenture erfolgreicher am Markt: Weltweit steigt der Bedarf nach klimapositiven Geschäftsmodellen und Technologien. Die exportorientierte deutsche Autoindustrie tut gut daran, nicht auch noch diesen Trend zu verpassen, sondern ganzheitlich nachhaltige Lösungen anzubieten. Hierbei reicht es nicht aus, ein wenig die Energieeffizienz in den Produktionsstätten zu verbessern oder – wie bisher – Recycling ausschließlich als Downcycling oder Wertstoff-Export in anderen Länder zu behandeln.

Das Auto als echtes Rohstoffdepot – Upcycling statt Downcycling

Kürzlich postulierte Porsche-Chef Oliver Blume, dass Autos bis 2030 CO2-neutral gefertigt sowie zu 100 Prozent recyclingfähig sein werden. Damit dies gelingt, muss jedoch die Lieferkette neu organisiert und echte Recyclingfähigkeit, also Upcycling statt nur Downcycling, zum Merkmal des Produkt-Designs werden. Das hierfür notwendige Designprinzip, das genau diese Merkmale in den Mittelpunkt stellt, ist der von EPEA – Part of Drees & Sommer vorangetriebene Ansatz „Cradle to Cradle“ (kurz C2C). Im Kern geht es darum, Rohstoffe für Produkte und Prozesse so einzusetzen, dass sie entweder in gleicher Qualität erhalten bleiben oder komplett abbaubar in einen biologischen oder technischen Kreislauf zurückgeführt werden können. Das C2C-Designprinzip bildet hierbei die Basis für die voranschreitende Veränderung unserer Industrien von der Linearen zur Circular Economy. Das Potenzial ist beträchtlich, wenn man bedenkt, dass ein Auto aus bis zu 40.000 Teilen, 1.000 Materialien und 10.000 Chemikalien besteht. Wenn C2C bereits im Produktdesign als wesentliches Kriterium berücksichtigt wird, wandelt sich das Auto zu einer echten „Materialbank“, die sich durch effektivere Materialauswahl, höhere Verwertungsquoten und reduzierte Ressourceneinsätze für die Hersteller schon mittelfristig auszahlen wird. Neben dem wirtschaftlichen Nutzen zeigt eine aktuelle Studie der Ellen MacArthur Foundation deutlich auf, dass ohne die von der Circular Economy getragenen CO2-Einsparung die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad nicht zu erreichen ist.

Warum nicht weiterdenken: Autos, die der Umwelt nützen statt zu schaden?

Dass Cradle to Cradle für Industrieunternehmen längst kein Fremdwort mehr ist, zeigt das Beispiel von ZF. Am Standort in Bielefeld begleitete EPEA die Implementierung des C2C-Designprinzips bei der Wiederaufbereitung von gebrauchten Antriebskomponenten. Der Standort wurde dafür im letzten Jahr mit dem Umwelt- und Klimaschutzpreis ausgezeichnet. Darüber hinaus sind heute schon Innovationen am Markt, die Autos für die Umwelt nützlich machen könnten statt nur weniger schädlich, wie beispielsweise der EPEA-Vorschlag für feinstaubbindende Beschichtungen am Unterboden der Autos. Wer diese Denkweisen in seine strategischen Ausrichtungen aufnimmt, wird auch Nachhaltigkeit direkt mit Unternehmenserfolg verknüpfen – und nicht wie heute häufig noch üblich als verpflichtendes „Add-On“.

Prof. Dr. Michael Braungart hat am 25.10. im Zukunftsreport „Das Auto als Rohstoffdepot“ vorgestellt.

Weitere Informationen finden Sie unter:

https://veranstaltungen.handelsblatt.com/autogipfel/koennen-autos-die-umwelt-retten/

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