Auf dem Weg zur Circular City

January 14, 2025

Heidelberg möchte zur Kreislaufstadt werden. Beim Pilotprojekt Patrick-Henry-Village soll dabei Urban Mining im Bestand praktiziert werden. Mit dem von EPEA entwickelten Programm Urban Mining Screener und der Gebäudedatenbank Madaster wurde der Startpunkt gesetzt.

Auf der einen Seite gibt es eine abbruchreife US-amerikanische Wohnsiedlung aus den 1950er Jahren, die schwer umgenutzt werden kann, auf der anderen Seite Heidelbergs ambitionierte Strategie: zur Circular City werden. Es liegt also nahe, auf dem riesigen Gelände der alten Kaserne zu zeigen, was aktuell möglich ist hinsichtlich Kreislaufwirtschaft: aus vorhandenen Gebäuden Materialien zu schöpfen, die nicht im Abfall landen, sondern vor Ort wiedereingesetzt oder hochwertig im Kreislauf geführt werden. Urban Mining nennt man das Prinzip. Stadtschürfung. Bestehende Häuser und Straßen als Rohstofflager nützen. Es gehört zu den aktuell wichtigsten Konzepten der Baubranche, um langfristig in eine Ressourcenwende überzugehen

Mehr als 300 Gebäude sollen abgebrochen, saniert oder umgenutzt werden und bestmöglichen Wiedereinsatz finden im Patrick-Henry-Village, einem Stadtteil mit zukünftigen Wohnungen für 10.000 Menschen und Raum für 5.000 Arbeitsplätze. Was genau aber kann man tatsächlich für den Neubau verwenden? Eine Frage, die das so genannte digitale Gebäude-Materialkataster beantworten kann. Das Kataster gibt darüber Aufschluss, mit welchen Materialien in welcher Menge und Qualität bei einem Gebäudeabriss oder einer umfassenden Sanierung zu rechnen ist. Die beiden Säulen: Urban Mining Screener von EPEA und Gebäudedatenbank Madaster.

Urban Mining Screener ist ein Programm, das anhand von Gebäudedaten wie Bauort, Baujahr, Gebäudevolumen oder Gebäudetyp deren materielle Zusammensetzung auf Knopfdruck schätzen kann. EPEA analysiert die bestehenden Bauteile und eingesetzten Baustoffe und bildet die Daten in einem Gebäuderessourcenpass (Building Circularity Passport) ab, wo sie gemäß ihrer Kreislauffähigkeit bewertet werden. Die gesammelten Daten werden dann in die Gebäudedatenbank Madaster hochgeladen, so dass dann eine Vielzahl hilfreicher Gebäudedaten für die Projektentwicklung und regionalem Stoffstrommanagement zur Verfügung stehen.

Urban Mining im Bestand und zirkuläres Bauen ist nicht nur aus Klimagesichtspunkten interessant. Im wirtschaftlichen Sinne sind zirkuläre Gebäude wahre Goldgruben für Investoren. Da werden beispielsweise Kosten für künftigen Rückbau, Umbau und Deponierung gespart und der Vermögenswert steigt durch die Berücksichtigung des Materialrestwerts, da entsteht Potential für Wertsicherheit und langfristigem Werterhalt durch kreisförmiges Gebäudedesign und zukunftsfähige Gebäude, da wird das Image verbessert und noch vieles Weitere mehr.

In der einstigen Soldatenstadt ist bereits viel passiert. Die Gebäude wurden nach Alter, Größe und Bauweise analysiert und lieferten Daten zu den verbauten Materialien. So können bereits vor dem Rückbau Optionen aufgezeigt werden, ob und welche Aufbereitungsmöglichkeiten und Verwertungswege es gibt für die einzelnen Materialströme und was für neue Projekte gebraucht werden kann, was sinnvoll für das Projekt ist, was Kosten, Rohstoffe und CO2 einspart.

Für Heidelberg bedeutet das Projekt ein weiterer Ausbau der Vorreiterrolle rund um die Themen zirkuläres Bauen, Wiederverwendung von Materialien aus Bestandsgebäuden sowie Baumaterialien- und Sekundärrohstoff-Management. Patrick-Henry-Village (PHP) könnte ein Leuchtturmprojekt werden innerhalb der Circular City Strategie der Stadt, den Grundstein für zukunftsfähigem Baustoffrecycling und Bauen legen, eine Blaupause sein für viele weitere Projekte in anderen Städten.

Foto: Pilotprojekt Patrick-Henry-Village, Heidelberg © Matthias Heinrich, EPEA

Autor: Matthias Heinrich

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